Der Verein "Die Förderer"

von Carolin Kossin

Gründung im Jahr 1902

Stolz auf die Landshuter Geschichte und ein eher naives als cleveres Verhältnis zu Wirtschaft und Fremdenverkehr haben bewirkt, dass sich im Jahr 1902 die Landshuter Bürger Josef Linnbrunner und Georg Tippel zusammentaten, um einen Verein zu gründen, mit welchem sie die Gemälde des Rathausprunksaales durch einen Festzug in die Realität überführen wollten.

Tippel, offenbar der Schöpfer der Idee, war Inhaber einer Gastwirtschaft in der Altstadt von Landshut, Linnbrunner Gemeindebevollmächtigter (Stadtrat) und Inhaber der ersten bayerischen Zwiebackfabrik, Mitglied und Mitarbeiter in zahlreichen Vereinen. Beide wurden am 17. September 1902 von 50 zur Vereinsgründung versammelten Herren zu Vorständen des neuen Vereins gewählt, der den Namen „Die Förderer” erhielt.

Aus privaten Mitteln wurden 145 Kostüme für Festzugsteilnehmer geschaffen. Die Fanfarenbläser und Pauker wurden von dem Brauereibesitzer Carl Wittmann eingekleidet, der neben einem weiteren Brauereibesitzer, Eugen Fleischmann, das Amt des Kassiers versah. Architekt Anton Weiß gestaltete nach historischen Vorlagen den Brautwagen, die Vereinigten Kunstmühlen A. G. zahlten das Prunkgeschirr und die Kostüme für die Pferdeführer und stellten noch bis 1938 sechs (später acht) Apfelschimmel für den Brautwagen, getreu dem historischen Vorbild. Sogar das Königliche Hofmarschallamt und die Hofsattelkammer in München leisteten ihren Beitrag an Zaumzeug und Sätteln.

Der damals knapp 27 000 Einwohner zählenden Stadt war damit eine Aufgabe gestellt, die in nicht geahntem Ausmaß Initiativen weckte und zur Integration der Bürger beitrug.

 

Der Verein heute

Die „Förderer” sind juristisch gesehen ein Verein wie jeder andere: mit einer Satzung, Mitgliedern, Vorstandschaft und Beiräten, alljährlichen Mitgliederversammlungen und Neuwahlen jeweils im Jahr nach den Aufführungen der „Hochzeit”, natürlich auch mit einem Etat. Die Mitgliederzahl ist seit der Nachkriegszeit von ein paar hundert auf über 7.000 gestiegen.

Daneben haben die „Förderer“ auch ein eigenes Image: In den Anfangszeiten ihrer bescheidenen Existenz hat man sie nicht immer ernst genommen, und auch heute ist kritische Distanz nicht durchweg ausgeschlossen, wenn es auch stimmt, dass bei den Hochzeiten in großer Einmütigkeit gilt: „Eine Stadt spielt Mittelalter“ – so der Titel des Buches von Sigfrid Färber. So muss es aber wohl sein bei einem Verein, der über 115 Jahre in der städtischen Gesellschaft vielfältig verankert ist, der an Mitgliederzahl manchen Sportverein weit übertrifft, der kontinuierlich mit ausgeglichenen Haushalten aufwartet und Unabhängigkeit beansprucht, der bei den verschiedensten öffentlichen Anlässen präsent ist und seine Kompetenz unter Beweis stellt.

Diese Aktivitäten entsprechen dem Vereinszweck, wie er im § 2 der Satzung beschrieben ist: „Vereinsaufgabe ist die Förderung kultureller Zwecke, insbesondere die Durchführung der historischen Veranstaltung „Landshuter Hochzeit 1475” und Erhalt dieser Veranstaltung als Kulturgut. Im Übrigen ist der Verein verpflichtet, sich für die Erhaltung des kunsthistorischen Stadtbildes einzusetzen.“

Als Integrationsfaktor in der Bürgerschaft wirkt der Verein „Die Förderer“ allein schon durch die stattliche Zahl seiner über 7 000 Mitglieder. Er organisierte darüber hinaus über viele Jahre hinweg auch das „Altstadtfest“, bei dem ca. 750 Akteure mit Musik und Tanz, Kleinkunst und Kino mitwirkten. Den Mitgliedern werden bei Gevatternabenden Vorträge aus Geschichte und Kultur Landshuts und Bayerns geboten.

Diese geselligen Abende erfreuen sich großer Beliebtheit, trifft man doch auch „zwischen den Hochzeiten“ gute Bekannte oder hat man auch die Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen oder ganz nebenbei mit Vorstandsmitgliedern oder Gruppenführern zu sprechen. Dies geschieht auch bei den Sommerfesten, wo der Platz hinter dem Zeughaus in einen Biergarten verwandelt wird. Hier kann man es sich bei Musik, Speis und Trank gut gehen lassen. Für die Kinder wird ein eigenes Programm geboten. Die schon legendären Kostümbälle im Fasching gehören ebenso zum Vereinsleben wie Ausflüge zu historischen Stätten.

Zum 100-jährigen Jubiläum der Aufführung der „Landshuter Hochzeit 1475“ wurde im Jahr 2003 eine neue Veranstaltung ins Leben gerufen: „Comedia Musicale“ auf der Burg Trausnitz. Für die Besucher gab es „Augenweide, Ohrenschmaus und Gaumenfreuden“ bei den Darbietungen der verschiedenen Musik- und Tanzgruppen, der Komödianten, Gaukler, Zauberer, Jongleure und Bänkelsänger und bei der Bewirtung durch die Hofküche und Hofschänke.

Nach der erfolgreichen Wiederholung in etwas geänderter Form zum 800-jährigen Stadtjubiläum im Jahr 2004 gab es durchaus Überlegungen, die „Comedia Musicale“ zu einer festen Einrichtung werden zu lassen, und bereits im Jahr 2007 fand eine weitere Aufführung statt. 2011 erfolgte eine Erweiterung und Neukonzeption dieser Veranstaltung zum „Burgfest“, das mit über 500 Kostümierten der „Landshuter Hochzeit 1475“ auf dem gesamten Burgareal, vor allem auf der Schwedenwiese und in den Innenräumen der Burg zahlreiche Besucher anlockte. Auch das Burgfest findet im Abstand von vier Jahren jeweils zwischen den Aufführungen der „Landshuter Hochzeit 1475“ statt.

Der Vereinshaushalt wird aus verhältnismäßig niedrigen Mitgliedsbeiträgen bestritten, die für Personal- und Sachausgaben im Verwaltungsbereich weitgehend verbraucht werden. Der Aufführungshaushalt wird fast ausschließlich vom Kartenverkauf und Spenden bestritten, die aus der Landshuter Bürgerschaft und Geschäftswelt kommen. Den Einnahmen stehen gewichtige Ausgaben gegenüber wie ca. 1,5 Mio. € für die Einrichtungen und Aufbauten des Turnierplatzes, des Zehr- und Lagerplatzes, ca. 300 000 € für die Tribünen in der Altstadt und auf dem Turnierplatz, mehrere hunderttausend Euro für die Abwicklung des Kartenvorverkaufs, für Beschaffung und Unterhalt der Pferde und für Personal und Versicherung. Im Jahr 1988 haben die „Förderer“ eine „Landshuter Hochzeit Verwaltungs GmbH“ ins Leben gerufen, um den Bedingungen der Gemeinnützigkeit gerecht zu bleiben, wenn sie sich in dem zunehmenden Geschäftsbetrieb um die „Hochzeit“ betätigen und behaupten wollen.

Zurück

Top